Anfall und Ente

Sigrid Behrens

Uraufführung

Premiere am 07. Mai 2017

Eingeladen zu den Mülheimer Theatertagen 2018
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Inszenierung: Ingo Putz

Bühne und Kostüm: Marie Labsch

Musik: James Douglas

Dramaturgie: Philipp Teich

Fotos: Bjørn Jansen

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Besetzung

Jana Alexia Rödiger: Ente

Sebastian Haase: Anfall


Pressestimmen

SAITEN, 12.5.18 von Veronika Fischer

(…) Wo sind wir eigentlich, bevor wir auf die Welt kommen? Diese Antwort hat Anfall (Sebastian Haase) sofort parat: Weltall, Nordpol, Mamas Bauch, Federbett. Und wohin gehen wir, wenn wir sterben? Ebenso klar: alles wieder rückwärts. Und dazwischen beschäftigen wir uns damit, Dinge zu bauen und draussen zu spielen.

Ente (Jana Alexia Rödiger) ist am liebsten auf der Gänseblümchenwiese am Teich und dümpelt da so rum. Das Leben könnte schöner nicht sein, wäre da nicht Hundi, der Freund von Ente, der eines Tages spurlos verschwindet. Anfall ist zunächst gar nicht allzu traurig, dass das Tierchen nicht mehr da ist, immerhin findet er, dass Hundi stinkt und so kann er Entes volle Aufmerksamkeit geniessen. Dass diese aber von einer solch gewaltigen Traurigkeit überschattet ist, lässt ihn dann doch erweichen und seiner Freundin helfen.

Es beginnt eine abenteuerliche Suche mit vielen Stationen, die dem eingangs beschriebenen Szenario des Sterbens entsprechen: Federbett, Mamas Bauch, Nordpol, Weltall. Anfall hat nämlich an jedem dieser Orte einen Freund.

Industrial Design trifft Romantik: Das Bühnenbild ist fantastisch

Zuerst also fliegen die Freunde in einer wunderbar selbstgebauten Rakete (Ausstattung und Kostüme übrigens von Marie Labsch: riesen Kompliment! Nirgends zu viel und an keiner Stelle zu wenig…) los zu Kissenschlacht. Der ist ein lustiger und wilder Zeitgenosse und hat schon so einige Wesen kommen und gehen sehen, nicht aber Hundi. Bei der stürmischen Verabschiedung biegen sich die Kinder im Publikum vor Lachen und Konrad ist sich sicher: «Das ist der coolste Freund!»

Schon geht es weiter, auf zu Pfannkuchen. Er ist gross, weich und unglaublich lecker. Anfall kennt ihn schon am längsten, aus Mamas Bauch nämlich. Er hat aber leider auch keinen Hundi gesehen. Pfannkuchen zählen auf jeden Fall auch zu Konrads Leibspeisen, von daher gilt: «Das ist der coolste Freund!»

Es geht ja aber um Hundi, und der ist noch immer nicht gefunden. Vielleicht weiss Pinguin ja Rat? Er ist ein wenig abstrakt gehalten und weiss auch nicht wo Hundi ist, «komischer Typ», egal, denn es geht weiter in das All. Hier wohnt Trüddelschmopf, ein Wesen mit vielen Augen und Armen, ein richtiger Ausserirdischer eben. Man kann ihn nicht wirklich sehen, aber es ist total klar, wie er aussieht und wie er ist: winzig klein, lustig und «der coolste Freund!»

Komplexer Text als Herausforderung

Hier wird deutlich wie sorgsam die Ideen der Autorin Sigrid Behrens umgesetzt wurde (Regie: Ingo Putz). Mit einfachen Mitteln wie Taschenlampen, einem Luftballon und einem Kofferradio werden Effekte erzeugt, die Trüddelschmopf für alle sichtbar werden lassen. Konrad zumindest hat ihn ganz klar gesehen und versteht nicht, was gemeint sein soll, wenn die Existenz des Unsichtbaren hinterfragt wird.

Ebenso klar sind für ihn die Freundschaftsverhältnisse im Stück. Anfall und Ente sind beste Freunde und Ente und Hundi auch. Nur wo ist dieser denn nun? «Na Ente hat ihn doch weggetragen.» Und was ist wenn er nicht wieder zurück kommt? Nie wieder? «Dann hat sie ja noch Anfall.» Und warum heisst der eigentlich Anfall? «Na, weil er ständig einen Sprechanfall hat.»

Das stimmt in der Tat. Die Sprache des Stückes ist wahnsinnig komplex. Eine Meisterleistung, die Haase und Rödiger hier vollbringen! Oftmals werden Sätze abgebrochen, Gedankenweitsprünge vollbracht und dann kommt doch alles wieder zu seinem Punkt.

Man ist an die Gedankenwelt der Kinder erinnert und exakt dieser Zugang macht es für die Kleinen zu einem sehr authentischen Theatererlebnis. Die Autorin betont jedoch, dass sie sich sprachlich nicht von ihrem Sohn beeinflussen lies, nur mit ein paar Inhalten. Der Rest ist «mehr Kunst als Kind». Das macht dieses Stück auch für Erwachsene interessant, die Lust haben ein wenig zu träumen und sich forttragen zu lassen von einer gelungenen Kombination von Bildsprache und Wortwitz, die sich ganz herrlich vereinen.

Apropos vereinen: Konrad findet, dass Anfall und Ente am Schluss ruhig hätten heiraten können. Immerhin klingt der Titel ja auch ein bisschen wie «Anfang und Ende» und da wäre doch eine Hochzeit schon noch ganz gut gewesen. Vielleicht ja beim nächsten Mal? Denn dieses Duo will man auf jeden Fall wieder sehen. Am besten schon morgen!

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SÜDKURIER, 1.6.18 von Anna Büschges

(…) Die Thematik des Verlusts wird jedoch nicht nur am Ende thematisiert. Bereits am Anfang erzählt Anfall Ente von seiner verstorbenen Oma und erklärt ihr, wie man geboren wird und was nach dem Sterben passiert. Zuerst sei man Sternenstaub, der dann auf dem Nordpol lande und von dort gehe es in den Bauch der Mutter. Wenn man stirbt, sei es genau andersherum – erst der Nordpol und dann in das Weltall. Die Kinder im Zuschauerraum fangen bei der Erklärung an zu murmeln und zu tuscheln und vergleichen ihre eigenen Vorstellungen damit. Aber das junge Publikum reagiert auch auf andere Momente in der Inszenierung. Immer wieder stehen sie kurz auf, um wirklich alles mitzubekommen oder recken ihre Hände dem Nebel entgegen, um ihn zu erfühlen. (…)

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