Isabelle H.                       (geopfert wird immer)

Thomas Köck

UA am 7. Januar 2016                                         Pfalztheater Kaiserslautern

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Inszenierung: Ingo Putz

Ausstattung: Ulrike Melnik

Dramaturgie: Andrea Wittstock

Fotos: Hans-Jürgen Brehm-Seufert, Ingo Putz

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Besetzung

Isabelle H.: Natalie Forester

Daniel C.: Daniel Mutlu

Bastian: Stefan Kiefer

Kucharsky, die Mama: Henning Kohne

Polizistin, Schwester: Nele Sommer

Grenzbeamter, Vater: Manuel Klein

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Pressestimmen

RHEINDPFALZ, 9.1.2016

von Fabian R. Lovisa

„Nichts ist so, wie es scheint

… Entspricht der Ex-Soldat noch in großen Teilen den Vorstellungen vom verwirrten, unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung leidenden Menschen, so macht Löck aus seiner Flüchtlingsfrau vollends eine Kunstfigur.

Bereits ihr Name Isabelle H., gemeint ist die französische Starschauspielerin Isabelle Huppert, deutet dies an. Oft genug bricht sie aus ihrer eigentlichen Rolle aus und wird zur Schauspielerin, die ihre Figur und das Stück insgesamt hinterfragt. Schon ein Prolog, in dem das Ensemble unter anderem über die Spielbarkeit und die richtige Platzierung des Stückes räsoniert, macht klar, dass hier Theater auf dem Theater gespielt wird. …

Dem gewollten sprachlichen Spagat entspricht die komplizierte Anlage des Stücks. Köck erzählt den „Tatort“-verdächtigen Plot nicht etwa chronologisch, sondern in Rückblenden, in Versatzstücken, mit häufigen Zeitsprüngen und Perspektivenwechseln. …

Nichts ist so, wie es auf den ersten Blick scheint. Ist die Flüchtende wahrhaftig eine Flüchtende? Ist der Soldat wirklich in seinem Trauma gefangen? Was hat er tatsächlich bei seinem Auslandseinsatz erlitten? um was geht es ihm eigentlich in seiner Fluchthelfergeschichte, die ein bisschen wie die Mär von Bonnie und Clyde anmutet?Und was erwarten die Figuren voneinander? Ein ganzes Geflecht von Fragen baut Köck in seinem artifiziell angelegten Stück auf.

Dennoch bringt es auch eindringliche Momente, starke, emotional berührende Bilder, was zunächst der Regie von Ingo Putz zu verdanken ist. Er lässt den beileibe nicht einfachen Text ohne nennenswerten Spannungsabfall, konzentriert und im hohen Tempo am Zuschauer vorbeiziehen. Rasche Szenenwechsel auf der mit Feldern auf dem Boden in Handlungsorte eingeteilten Bühne (Ulrike Melnik, auch Kostüme) und einige Überschneidungen beziehungsweise Parallelführungen der beiden Handlungsstränge bringen zusätzliche Verdichtung.

Aber auch das Schauspiel-Sextett agiert auf hohem Niveau und in beeindruckender Geschlossenheit. Die Nebenrollen sind in ihrer Karikatur treffend angelegt – etwa Henning Kohle, Manuel Klein und Nele Sommer als gestelztes Ermittlertrio und Stefan Kiefer als eher unbeholfener Freund des Soldaten. Gerade hier scheint immer wieder der Humor des Stückes herauf. In der für ihn typischen Unmittelbarkeit spielt Daniel Mutlu den Kriegsheimkehrer, doch auch er findet zu der vom Stück geforderten Distanz zur eigenen Rolle. Ebenso großartig Natalie Forester als Flüchtende, die die Brüche ihrer Figur, das Vexierspiel zwischen Realität und Illusion fesselnd herausspielt.

…“

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WIESBADENER KURIER, 9.1.2015

von Jens Frederiksen

„…

Alles nur Theater

Thomas Köck, österreichische Autorenhoffnung, liefert mit „Isabelle H.“ jede Menge Diskussionsstoff zur Flüchtlingsthematik. … Und auch in der von Ingo Putz verantworteten szenischen Umsetzung auf der Werkstattbühne des Hauses erweist sich das Ganze als ziemlich starker Tobak, fällt in der Summe dann aber ganz anders aus als erwartet. Zackiger Aufmarsch der Akteure vor gemalter Auenlandschaft zu Beginn. Kaum haben die ersten zwei der insgesamt sechs Darsteller allerdings am Bühnenrand Position bezogen, wird aus dem Off noch schnell ein hektografierter Text hereingereicht: Textergänzungen des Autors in letzter Minute. Die Irritation ist gewollt, na klar. Und die Botschaft lautet: Hier ist kein Platz für markigen Agitprop – das ist alles wohl ausgetüfteltes Theater.

Also schön langsam weiter – mit Platz für jede Menge Fragezeichen. Die beiden Hauptdarsteller, Natalie Forester in der Titelrolle der Isabelle H. und Daniel Mutlu in der Rolle des Soldaten Daniel C., krabbeln im Halbdunkel der rechten Bühnenhälfte aus einer Box, die sich als unwirtlicher Flüchtlingscontainer erweist. Mit vorgehaltener Pistole erkunden sie das Terrain – er angespannt, sie lässiger.  …

Derweil hält vor dem Landschaftspanorama ein selbstgefälliger Kommissar (Henning Kohne) medizinische Vorträge über das Eintreten der Leichenstarre. Ihm zur Seite stehen ein Mann vom Zoll (Manuel Klein), eine quicke Polizistin (Nele Sommer) und ein Jugendfreund des Afghanistan-Soldaten (Stefan Kiefer).  …

Und am Schluss, wenn sich Soldat und Migrantin unter Stroboskop-Geflacker an die Wäsche gegangen sind und ein blutiger Showdown zum Greifen nahe scheint, steigt die Darstellerin der Isabelle H. kurzentschlossen aus dem Stück aus, verlässt einfach die Spielfläche. Als Klischee-Opfer will sie nicht weiter herhalten.

…“

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